Windenergie auf Agrarflächen – Mythen und Fakten
Windenergieanlagen stehen seit jeher im Zentrum kontroverser Diskussionen. Trotz wachsender Akzeptanz durch den Ausbau erneuerbarer Energien in Deutschland, gibt es weiterhin Mythen und Missverständnisse. Landwirte, die zur Energiewende beitragen wollen, haben nachvollziehbare Bedenken. In diesem Artikel prüfen wir drei gängige Mythen auf ihren Wahrheitsgehalt.
Mythos 1: Windkraftanlagen auf dem Acker beanspruchen zu viel Fläche
Ein weit verbreiteter Mythos in der Diskussion um Windenergieanlagen ist die Annahme, dass diese die landwirtschaftliche Nutzung auf Agrarflächen erheblich einschränken. Für Landwirte ist dies, ohne den tatsächlichen Flächenbedarf eines Windrads zu kennen, eine nachvollziehbare Sorge. Doch wie viel Platz nehmen die Anlagen tatsächlich ein?
Laut Angaben des Ministeriums für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg beanspruchen moderne Windenergieanlagen einen dauerhaften Flächenbedarf von circa 100 Quadratmetern – wohlgemerkt betrifft dies aber lediglich die reine Sockelfläche der Anlage. Für das Gesamtbild müssen noch die Fundament- und Kranstellfläche sowie die Fläche für Zuwegungen berücksichtigt werden.
Bei einer Anlage von 200 Metern Höhe kann mit einer Fundamentfläche von etwa 400 Quadratmetern gerechnet werden. Diese ist zum Teil mit Erde überdeckt. Die teils mit Schotter bedeckte Fläche für den Kran nimmt gut 2.000 Quadratmeter in Anspruch. Für die Zufahrtsstraßen, die im Idealfall circa fünf Meter in der Breite messen, werden üblicherweise bereits vorhandene Wege genutzt, beziehungsweise ausgebaut. Sowohl Kranstellfläche als auch Zuwegungen müssen über die gesamte Betriebszeit hinweg zugänglich sein, falls zwischenzeitlich Reparaturen an der Anlage nötig sein sollten.
Im Jahr 2022 betrug die durchschnittlich genutzte landwirtschaftliche Fläche pro Betrieb in Deutschland rund 64 Hektar. Die hier beispielhaft angeführten 2.400 Quadratmeter Flächenbedarf machen gerade einmal etwa 0,38 Prozent der Gesamtfläche aus.
Fakt ist also: Diese Zahlen relativieren klar den vermeintlichen Flächenverlust und zeigen, dass Windkraftanlagen in der Gesamtbetrachtung nur einen minimalen Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche beanspruchen.
Hinzu kommt, dass die Flächen rund um Windkraftanlagen häufig weiter landwirtschaftlich genutzt werden können, was den tatsächlichen Flächenverlust zusätzlich reduziert. Die Integration der Windkraft auf landwirtschaftlichen Flächen ermöglicht somit eine sinnvolle Mehrfachnutzung, die sowohl der erneuerbaren Energieerzeugung als auch der fortlaufenden landwirtschaftlichen Produktion dient.
Mythos 2: Windkraftanlagen beeinflussen das Klima und das Wetter
„Große Anlagen mit gigantischen Rotoren, die Energie aus dem Wind entnehmen … damit greift man doch ins Klima ein“ heißt es oft in der Debatte um Windräder. Doch stimmt das überhaupt, und was sagt die Wissenschaft zu diesen Bedenken?
In der Tat beeinflussen Windenergieanlagen das Mikroklima – das geht aus einer Dokumentation des Wissenschaftlichen Dienstes des Deutschen Bundestages aus dem Jahre 2020 hervor. Die Beeinflussung findet allerdings in deutlich geringerem Maße statt, als oft angenommen wird: Wenn sich die Rotoren drehen, durchmischen sie die lokalen Luftschichten, entweder von oben nach unten oder umgekehrt. Und dies kann wiederum Auswirkungen auf die Temperatur in Bodennähe haben.
Wenn die Luft direkt am Erdboden kalt ist und die wärmeren Luftschichten darüber liegen, wird durch die Drehung der Rotoren die kalte Luft nach oben und die warme nach unten gewirbelt. Die Folge ist ein Anstieg der Temperatur an der Bodenoberfläche. Wenn man nun von einer Mikroklima-Beeinflussung durch Windenergieanlagen sprechen will, dann findet diese in erster Linie im unmittelbaren Windpark-Umfeld statt. Wie stark der Einfluss letztendlich ausfällt, ist jedoch stark standortabhängig – was aber nicht heißt, dass man sich diesen Effekt nicht zunutze machen könnte. Stehen Windräder auf Ackerland, so könnten diese beispielsweise die Gefahr durch Bodenfrost erheblich verringern. Laut des australischen Department of Primary Industries and Regional Development, kommen Windräder daher unter anderem auch zum Einsatz, um Avocado-Plantagen vor Frost und Kälte zu schützen.
Fakt ist also: Die Auswirkungen von Windkraftanlagen auf das lokale Klima sind zwar vorhanden, aber im Kontext der gesamten Klimadynamik relativ gering und können sogar positive Aspekte bieten.
Aber was ist dann mit dem Wetter? Können viele kleine Mikroklima-Beeinflussungen nicht in letzter Konsequenz doch noch Auswirkungen auf die Wetterlage haben? Die Sorge liegt hier vor allem in dem Aspekt, Windenergieanlagen würden der Atmosphäre Windenergie entziehen, um Strom zu erzeugen. Das wiederum bremst den Wind in Windparks. Ein weltweiter, forcierter Ausbau, so die Befürchtung, könnte also die Gesamtwindmenge verringern – und das hätte wiederum Einfluss auf wesentliche klimatische Prozesse, wie Wärmeverteilung und Niederschlag. Ist da was dran?
Sicher ist, dass diese Annahmen umstritten sind und lediglich auf Modellrechnungen basieren. Klimaveränderungen durch fossile Energieträger sind indes alles andere als hypothetisch, sonder klar mess- und nachweisbar.
Mythos 3: Windkraftanlagen sind laut und stören das ländliche Leben
Es ist eine immer wiederkehrende Sorge – nicht nur für Landwirte, die überlegen, ihren Acker für Windenergieanlagen zu verpachten. Wird meine Anlage die Ruhe und Harmonie des ländlichen Lebens stören? Werden potenzielle Geräusche meine Lebensqualität beeinträchtigen? Was werden die Anwohner sagen?
Wahr ist: Die Geräusche von Windenergieanlagen entstehen hauptsächlich durch aeroadynamische Prozesse, wie die Verdichtung und Entspannung von Luftmassen. Aber auch mechanische Komponenten, wie zum Beispiel das Getriebe, arbeiten nicht geräuschlos. Wahr ist aber auch: Diese Geräuschquellen werden durch die Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte auf ein akzeptables Maß reduziert.
Fakt ist also: Windenergieanlagen arbeiten nicht völlig geräuschlos, und ebenso wenig sind sie unsichtbar. Dennoch können Landwirte die Vorzüge der Windenergie nutzen, ohne befürchten zu müssen, dass der Lärm der Anlagen das Wohlbefinden ihrer Familie, ihrer Tiere oder die allgemeine Lebensqualität auf dem Land beeinträchtigt. Natürlich ist die Sorge um Lärm verständlich, doch dank strenger gesetzlicher Auflagen und fortschrittlicher Technologie sind Windenergieanlagen heutzutage weit weniger störend als oft angenommen.
Fazit: Die Wirklichkeit ist weit weniger dramatisch als die Mythen
Ja, Windenergieanlagen haben zum Teil eine sehr imposante Gestalt und wirken mitunter wie technologische Riesen in der Landschaft. Doch weder verschlingen diese Riesen Unmengen an Ackerfläche, noch verändern sie das Wetter oder veranstalten ein unerträgliches Getöse, das den Frieden auf dem Lande zu stören vermag.
Die Erfahrung aus den letzten Jahrzehnten hat vielfach gezeigt, dass sie sich harmonisch in die ländliche Idylle einfügen. Tatsächlich wird die Energiewende auf dem Acker gemacht! Sie sind und bleiben ein fester Bestandteil der nachhaltigen Energiegewinnung und bieten obendrein zusätzliche attraktive Einnahmequellen für Besitzer von Agrarflächen – in Zeiten, in denen verlässliche und konstante Erlöse aus landwirtschaftlicher Tätigkeit alles andere als selbstverständlich sind.
Und wenn sich der Nebel der Mythen rund um Windenergieanlagen lichtet, wird völlig klar: Die Flächen deutscher Landwirte füllen in Zukunft nicht bloß die Kühlschränke der Menschen, sondern versorgen sie auch weiterhin mit sauberer Energie.
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